Herausforderungen bei der Planung und Umsetzung eines ungewöhnlichen architektonischen Konzeptes mit Brandschutzelementen, die einer strengen Normung unterliegen.
Adelberg, im Mai 2016:
Ganz schön schräg: Die Fassaden des neuen Lernzentrums in Wien von Zaha Hadid Architects neigen sich bis zu 35 Grad. Pünktlich zum Wintersemester 2013/2014 öffnete das Learning and Library Center, kurz LLC, seine und damit auch unsere Türen für die Studierenden der neuen Wirtschaftsuniversität. 2008 hatte die Britin eine Wettbewerbsjury unter Vorsitz des Wiener Architekten Wolf D. Prix von ihrem Entwurf überzeugt.
Der markante Bau aus zwei ineinander verschränkten Baukörpern bildet den Mittelpunkt des neuen Campus in Wien-Leopoldstadt in unmittelbarer Nähe zum Prater. Rund 24.000 Studenten und 1.800 Mitarbeiter können sich seither durch die klassische Bibliothek mit modernsten Lehreinrichtungen bewegen.
Laut Hadids Partner Patrick Schumacher nimmt der als urbaner Block entwickelte Bau mit seinen Schrägen und den fließenden Kurven Bezug auf die umliegenden Gebäude. Die zwei in sich verschränken Baukörper resultieren aus der Idee, sich an vorgesehenen Plätzen und Verkehrsströmen gemäß des Masterplans zu orientieren. Die zwischen ihnen entstehende Fuge bildet eine Art Schlucht, die sich durch das gesamte Gebäude zieht und als Atrium genutzt wird. Gerade diese Schlucht, die auch als Canyon bezeichnet wird, ist für die Erfüllung der Brandschutzauflagen eine echte Herausforderung gewesen, da die Elemente nicht nur einfach geneigt, sondern auch gebogen mit unterschiedlichen Neigungen aufgemessen, geplant, hergestellt und montiert werden sollten.
Die Dynamik dieser Bewegung findet ihren Abschluss in der über 28 Meter hohen Süd-Bibliothek, die sich zum zentralen Platz hin orientiert. Sie ragt aus der mit einer Neigung von 35 Grad überhängenden Eingangsfassade noch einmal um mehr als 16 Meter aus.
Bereits Mitte 2009 wandten sich die Architekten unter der Federführung von Cornelius Schlotthauer und Elsa Katharina Jacobi bei der Suche nach geeigneten Systemen für die Erfüllung des geforderten Brandschutzes für diesen gewagten Entwurf des Baukörpers an HOBA. Nachdem die Anforderung sowie das Design der Elemente vorgestellt war, wurden zur Vorbereitung der Nachweisführung bereits erste Brandversuche bei der MPA Braunschweig mit Erfolg durchgeführt. Dazu prüfte HOBA eine Konstruktion mit 45° Neigung, die in die Horizontale überging. Besonderheit bei dieser Konstruktion war die Aneinanderreihung von Brandschutzscheiben ohne Trennung durch Riegel. Die Fugen zwischen den Scheiben wurden lediglich mit Silikon verfüllt. Bei diesem Versuch, den die Architekten live erleben konnten, wurde auf Anhieb eine Prüfdauer von weit mehr als 90 Minuten erreicht, so dass die Konstruktion in die Widerstandsklasse F90 eingereiht werden konnte.
Danach begann die Detailausarbeitung, wobei die Planung mit entsprechenden Kostenberechnungen begleitet wurde, so dass die Architekten budgetgerecht ausschreiben konnten, denn die Vergabevorschriften für dieses Projekt verlangten eine europaweite Ausschreibung. In diesem Verfahren setzte sich der Bewerber mit HOBA- Produkten gegenüber den anderen Bewerbern durch und erteilte den Auftrag für Herstellung und Lieferung der Brandschutzelemente im Februar 2012. Neben der Ausarbeitung der technischen Unterlagen zur Herstellung, wie Zeichnungen, statische Berechnungen sowie Bemessung von Schallschutzleistung galt es nun auch die Nachweisführung für diese Sonderkonstruktionen vorzubereiten. Als man auf der Grundlage von Vorbesprechungen mit den ersten gutachtlichen Stellungnahmen anerkannter Materialprüfanstalten bei der abnehmenden Institution aufwartete, tauchte ein schier unüberwindbarer Fels auf, denn zwischen Erstgesprächen, den darauf basierenden Prüfungen und der Ausführung gab es einen „Normensturz“ der zur Folge hatte, dass nur noch Prüfungen und Zertifikate basierend auf europäischen Normen als Grundlage der Nachweisführung anerkannt wurden. Die Planung und Preisfindung beruhte jedoch auf entsprechenden DIN- Normen. Doch auch dafür wurde eine Lösung gefunden. Innerhalb weniger Wochen wurden mit der Zertifizierungsstelle abgestimmte Brandversuche auf Basis der neuesten Normen durchgeführt und ebenfalls auf Anhieb mit ausreichender Überzeit bestanden. So stand auch der Nachweisführung nichts mehr im Wege.
Gerade all diese Herausforderungen, die solche Architektur an das Unternehmen stellt, sind Anreiz und Motivation für ständige Neu- und Weiterentwicklung des Produktportfolios von HOBA. Wir freuen uns über die Aufgabenstellung derart mutiger Architektur, sie ist Grundstein für die Entwicklung neuer Systeme.
Ausführender Architekt/Planer Zaha Hadid Architects Büro Hamburg Bei den Mühren 70
D - 20457 Hamburg
Telefon: +49 (40) 23 90 97 5-0
URL: zaha-hadid.com
Lindner AG
Arnstorf
Projektgesellschaft Wirtschaftsuniversität Wien Neu GmbH
Holz-Glas-Stahl
Neubau / 2013